„Die russischen Arbeiter kotzen mehr fort, wie die deutschen Arbeiter zu fressen haben!“

Karl Leonhard wurde am 15.September 1885 in Darmstadt geboren. Seine Eltern waren Jakob Leonhard und Anna Leonhard, geb. Fröder. 1911 heiratete er Pauline „Paula“ Reise, mit welcher er einen Sohn (*1911) hatte. Die Ehe wurde später geschieden. Leonhard lebte lange Zeit in der Bleichstraße 41 in Darmstadt.

Von 1914 bis 1918 nahm er am Ersten Weltkrieg an der Westfront teil. Von 1920-1927 war Leonhard Mitglied der KPD und engagierte sich als Vorsitzender des Vereins der „Darmstädter Mieter- und Wohnungssuchenden“.
Von Beruf war Leonhard erst Kaufmann und dann später Rechtsanwaltsgehilfe, dies jedoch meist stellenlos.

 

Denunziationen

Zum ersten Mal kam Leonhard mit dem Gesetz 1933 in Konflikt. Er hatte wohl am 31. Oktober in Dreieichenhain gegenüber Bekannten geäußert, dass sich Hindenburg und Göring auf Kosten der Bevölkerung bereichern würden. Umgehend wurde er bei der Gestapo denunziert: Am 06. Januar 1934 verurteilte ihn das Sondergericht in Darmstadt wegen „Vergehen gegen die Verordnung des Reichspräsidenten zur Abwehr heimtückischer Angriffe gegen die Regierung der nationalen Erhebung“. Er kam in das Zuchthaus in Butzbach.

Im Sommer und im Winter 1936 wurden weitere Ermittlungen auf Grund von Denunziationen gegen Leonhard eingeleitet: Man beschuldigte ihn, die deutschen Soldaten „lauter Scheißkerle“ genannt zu haben und er soll im Kreis von Bekannten den verbotenen Moskauer Sender (Radio Moskau) gehört haben. Aufgrund mangelnder Beweise reichte dies aber zunächst nicht für eine Anklage.

Am 01. März 1937 wurde er dann wegen Vergehens gegen §2 des „Gesetzes gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei“ vom 20.12.1934 durch das Sondergericht in Darmstadt zu einer siebenmonatigen Haft verurteilt.
Zwei Personen hatten der Gestapo mitgeteilt, Leonhard habe gesagt: „das Wahlergebnis sei gefälscht und die russischen Arbeiter würden mehr fortkotzen, wie die deutschen Arbeiter zu fressen haben. Was in der Zeitung stünde, sei nicht wahr!“. Er bestritt zwar diese Aussage, dem Sondergericht reichten die „Zeugenaussagen“ jedoch für eine Verurteilung.

 

Tod im Konzentrationslager

Diese letzte Denunziation hatte für ihn einen Leidensweg durch drei Konzentrationslager und schließlich den Tod zur Folge:
Leonhard wurde zwar am 1. Oktober 1937 entlassen, aber im Jahr darauf, am 19. Juni 1938, im Rahmen der „Sonderaktion Arbeitsscheue“ in das Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt. Zwei Jahre später, am 25. Januar 1940, wurde er als Zugang aus Sachsenhausen – wieder unter dem Inhaftierungsgrund Arbeitszwang Reich (A.Z.R) – in das Konzentrationslager Mauthausen überstellt. Von dort aus kam er dann am 15. August 1940 in das Konzentrationslager Dachau.

Warum Leonhard als A.Z.R. („Arbeitszwang Reich“) geführt wurde und nicht als „Sch“ (Schutzhäftling), was durchaus nahegelegen hätte, ist nicht zu klären.
Er starb am 11. Januar 1943 in Dachau – nach den Unterlagen des Lagers an „Versagen von Herz und Kreislauf aufgrund einer Herzbeutelentzündung“.

(Lisa M., Bertolt-Brecht-Schule Darmstadt)

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