Gustav Doster (Darmstadt 1904 – Hallstavik/Schweden 1977)

Gustav Doster engagiert sich seit seiner Jugend in der Syndikalistisch-Anarchistischen Jugend Deutschlands (SAJD) und ab 1921 in der Freien Arbeiter Union Deutschlands (FAUD). Ende der 20er Jahre ist er ihr Vorsitzender für Darmstadt und den Rhein-Main-Bezirk. Im März 1933 werden Gustav und seine Frau Marie Doster (geb. Tilger) verhaftet: Gustav kommt in das Landgerichtsgefängnis Darmstadt und wird am 6. Mai in das KZ Osthofen verschleppt. Marie wird im Darmstädter Braunen Haus schwer misshandelt.
Um nach seiner Freilassung einer erneuten Verhaftung zu entgehen, flieht Gustav im Oktober 1933 in die Niederlande, Marie folgt spätestens im Januar 1934. Beide werden weiterhin auf der Fahndungsliste der Gestapo geführt. Im Sommer 1934 gründet Gustav Doster zusammen mit Fritz Schröder in Amsterdam das Auslandskomitee der Deutschen Anarcho-Syndikalisten (DAS), Anlaufstelle und Netzwerk für viele anarchosyndikalistische Flüchtlinge. Dosters Engagement umfasst Herstellung und Verbreitung illegaler antifaschistischer Schriften bis nach Deutschland.
Das niederländische Exil bedeutet für die politisch Verfolgten keineswegs Sicherheit, zumal dann nicht, wenn man den Kampf gegen den Faschismus fortsetzt:
„Wir leben hier illegal, d.h. ohne Wissen der Polizei, ohne Papiere und Pass, bei irgendeinem Genossen … Wir sitzen und warten bis auf den Moment, wie die Überfallautos vorfahren, und wir Goering und seiner Gestapo auf dem Präsentierteller gesetzt werden“ (Brief an Rudolf Rocker vom 20.11.1934, in: IISG, Rocker-Papers, Nr. 86)
Die Furcht ist nicht unbegründet, denn die Gestapo ist den Flüchtenden auf der Spur, wie die Suchmeldungen der Jahre 1934 bis 1938 belegen:
„Gustav und Marie Doster, zuletzt wohnhaft Amsterdam, Wognumerstraat 76 HS, sollen beim Grenzübertritt festgenommen werden; evtl. falsche Pässe auf die Namen Cornelius und Rie BISCHOFF; Erfolgsnachricht an Gestapa Darmstadt erbeten“ (Speyer: H 91 Nr. 2307, Bl. 7)
Im Sommer 1935 wird Doster im Staatsgefängnis Amsterdam inhaftiert. Der drohenden Auslieferung begegnet er selbst mit einem Hungerstreik, führende holländische Gewerkschafter setzen sich für ihn ein. Er wird über die belgische Grenze abgeschoben, kann im Nachbarland untertauchen und flieht im August 1936 gemeinsam mit Marie nach Schweden. Im Januar 1937 geht er nach Barcelona, um auf Seiten der spanischen Anarchisten zu kämpfen. Hier arbeitet er vor allem für die DAS: „Wir hatten eine deutsche Organisation in Spanien. Wir gaben eine Zeitung und Propagandamaterial heraus. Wir stellten Dokumente über den Hitlerimperialismus zusammen, die auf Materialien beruhten, die wir mit Hilfe von Arbeiterpatrouillen in deutschen Gesandtschaften und Konsulaten beschlagnahmt hatten. Wir hatten eine Radiostation in Barcelona.“ (Syndikalisten Nr. 42, 1973) Nach Lazarett und Gefangenschaft in Spanien kehrt Doster im April 1938 nach Schweden zurück, wo er sich in der Sveriges Arbetares Centralorganisation (S.A.C.) engagiert.

Marie Doster stirbt im November 1945 während einer Operation, die aufgrund der Spätfolgen der Misshandlungen durchgeführt werden musste.

DOK 001 — „Illegale Arbeit an der Grenze. Durch Verhaftungen im Ruhrpott wurde ich der Gestapo bekannt, meine Amsterdamer Adresse wurde der holländischen Polizei übermittelt und meine Auslieferung verlangt.“

DOK 002 — Darmstadt, 3. April 1934 – HessischeStaatspolizeiamt an die Polizeidirektion Ludwigshafen:
„Ende Oktober 1933 ging er nach dem Saargebiet flüchtig und hält sich zur Zeit in Saarbrücken auf…Es besteht der Verdacht, dass er sich staatsfeindlich betätigt“.

Nach seiner Verhaftung in den Niederlanden tritt er in einen 21-tägigen Hungerstreik, woraufhin niederländische Gewerkschafter und andere politischen Organisationen Protestaktionen für seine Freilassung starten. Nach Aussetzung der Auslieferung wird Doster von Zivilbeamten an die belgische Grenze gebracht, von dort organisiert dann die Internationale Transportarbeiter Föderation (ITF) seine Flucht nach Schweden, die Grundlage hierfür bildete die schwedische Schwesterorganisation der FAUD, die Sveriges Arbetares

DOK 003 — „Diese Kameraden, die diese Schmuggelarbeit übernommen haben, leisten Unerhörtes“
Doster berichtet in einem Brief an den führenden deutschen Anarchosyndikalisten Rudolf Rocker über die illegale politische Arbeit im Exil, die Verhaftungen in Deutschland und über seine eigene Flucht. Antifaschistischer Schriften wie die „Soziale Revolution“ oder die „Direkte Aktion“ werden von Kurieren auf riskanten Wegen in das Deutsche Reich gebracht.
DOK 004 —

DOK 005 — „Es darf darauf hingewiesen werden, dass …die Emigranten im Ausland, von einigen politischen und künstlerischen Persönlichkeiten abgesehen, ein armseliges Leben führten, da ihnen die aufnahme einer regulären Arbeit versagt war und sie sich unterhalten lassen mussten von Unterstützungsvereinigungen“. (A.N. Simmerdinger über die politischen Flüchtlinge in einem Brief an an das Landgericht Wiesbaden in der Entschädigungssache Gustav Doster, Frankfurt 1970).
Der Brief Marie Dosters im November 1936 belegt diese Not der Geflüchteten. Drei Monate nach ihrer Ankunft in Schweden bittet sie die schwedische anarchosyndikalistische Gewerkschaft, sie sich an die Sveriges Arbetares Centralorganisation (SAC), um Unterstützung.

DOK 006 — 002-Suchmeldung-Gestapo–P1030222
Telegramme der Gestapo:
„Festnahmeersuchen“ gegen den „Anarchosyndikalistenfuehrer Gustav Doster … sowie dessen Ehefrau Marie, geb. Tilger.“ – Wie die Telegramme belegen, sucht die Geheime Staatspolizei über eine lange Zeit nach Gustav und Marie Doster. Die Beamten wissen, dass sie über die Niederlande nach Schweden geflohen sind und sie gehen davon aus, dass Gustav Doster im spanischen Bürgerkrieg in einem Lazarett liegt. Aber sie wissen eben nicht genau, wo sie sich genau aufhalten.

DOK 007 — 003-Suchmeldung-Gestapo-P1030234

DOK 008 — 001-Gestapo-DA-an-Polizeidirektion-Ludwigshafen-zu-Doster-auf-der-Flucht
DOK 009 —004-Suchmeldung-Gestapo-P1030242
DOK 010 —

DOK 011 —

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